Auf den Spuren der grauen Pfoten | Wolfsmonitoring in der Nordeifel
- Marc Jeworrek

- vor 2 Tagen
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Aktualisiert: vor 1 Tag
Diesen Herbst besuchte ich meinen Freund Alessandro und seine Frau Isabelle in der Nordeifel, wo sie gemeinsam mit Romeo leben – einem Golden Retriever, der eine ganz besondere Aufgabe hat.

Wie alles begann
Kennengelernt haben wir uns vor einigen Jahren über Instagram. Der erste richtige Kontakt kam zustande, als ich auf meiner Wildkamera an einem Dachsbau überraschend einen jungen Wolf aufnahm. Ich war unsicher, wie ich die Sichtung einordnen sollte und wandte mich an Alessandro.

Er half sofort weiter: Er bestätigte mir nicht nur, dass es ein junger Wolf war, sondern vermittelte mir auch den Kontakt zur zuständigen Stelle im Landesamt für Umwelt. Seit diesem Moment blieben wir verbunden.
Im darauffolgenden Herbst lud er mich in die Lausitz ein, wo er zu dieser Zeit für das LUPUS Institut arbeitete. Dort durfte ich meinen ersten Wolf in freier Wildbahn sehen – ein Moment, der mich tief berührte und den ich wohl nie vergessen werde.

Zurück in der Eifel
Heute lebt Alessandro wieder in seiner Heimat und arbeitet freiberuflich für das Land NRW im Wolfsmonitoring. Zu seinen Aufgaben zählen unter anderem:
die Auswertung von Fotofallen
das Sammeln und Präparieren von Kotproben für genetische Analysen
das Bergen verunfallter oder tot aufgefundener Wölfe
die Begutachtung von Rissen bei Weide- und Wildtiere zur Abklärung, ob Wolf, Hund oder ein anderes Tier der Verursacher war
Öffentlichkeitsarbeit - in Form von Vorträgen und Besuchen von Schulklassen zusammen mit Romeo
Er ist damit einer der wichtigsten Ansprechpartner zum Thema Wolf in der Region.



Wolfsmonitoring – warum es so wichtig ist
Die Debatte rund um den Wolf wird in Deutschland oft laut geführt. Zwischen Angst, Faszination und Unsicherheit geht manchmal das verloren, was wirklich zählt: Fakten. Wissenschaftliche Daten. Eine objektive Grundlage, auf der wir diskutieren können. Genau dafür gibt es das Wolfsmonitoring. Durch Fotofallen, genetische Analysen und dokumentierte Sichtungen werden:
Territorien abgesteckt
Individuen identifiziert
Rudelstrukturen sichtbar
Wanderrouten nachvollziehbar
Konflikte sachlich eingeordnet
Ohne diese Arbeit wüssten wir kaum etwas über die Wölfe, die unsere Wälder und Offenflächen inzwischen wieder durchstreifen.

Romeo – eine Spürnase im Einsatz für den Artenschutz
Ein wichtiger Teil der Arbeit besteht darin, Fotofallen in Absprache mit den Forstbehörden regelmäßig zu kontrollieren. Noch entscheidender ist jedoch das Auffinden von Losung – also Wolfskot –, der für genetische Untersuchungen benötigt wird.
Hier kommt Romeo ins Spiel. Er wurde von Alessandro als Artenschutz-Spürhund ausgebildet und unterstützt ihn beim Finden der Proben. Während Wölfe ihre Losung zwar häufig gut sichtbar auf Wegen ablegen, "verstecken" sie sie ebenso oft unter Laub, zwischen kleinen Tannen oder im Gebüsch. Was dem menschlichen Auge entgeht, findet Romeos Nase zuverlässig.

Wird eine Losung entdeckt, läuft ein genau festgelegtes Protokoll ab:
Fotografieren der Fundstelle
Koordinaten aufnehmen
Losung vermessen und dokumentieren
Genetische Probe entnehmen – meist der Teil mit dem besonders sichtbaren Schleimfilm
Konservieren in Ethanol und alternativ per neuem Tupferverfahren (wird momentan noch getestet)
Restliche Losung einsammeln für spätere Nahrungsanalyse
Die genetischen Proben werden anschließend an das Senckenberg-Institut geschickt, wo bestimmt wird:
ob es sich um Wolfskot handelt
von welchem Individuum die Probe stammt
ob Verwandtschaften zu bekannten Elterntieren bestehen
wie die Tiere sich zwischen Bundesländern bewegen
Diese Methode liefert wertvolle Erkenntnisse sowohl auf regionaler Ebene als auch deutschlandweit.
Mit Alessandro und Romeo im Gelände
Während meines Besuchs durfte ich Alessandro und Romeo ein paar Tage lang begleiten. Die Eifel zeigte sich dabei von ihrer schönsten Seite – weite Wälder, einsame Wege, frische Herbstluft.
Auf dem Weg zu einem abendlichen Ansitz hatten wir besonderes Glück:
Auf einem Forstweg lag eine perfekt abgelegte Losung, die für genetische Analysen nahezu ideal war. Solche Momente sind kleine Highlights im Monitoring, denn sie liefern die genauesten Daten.
Wölfe nutzen Forstwege und Pfade übrigens genauso gern wie wir Menschen – sie sind einfach deutlich energiesparender als das Durchkämpfen durch dichtes Unterholz.


Live gesehen haben wir in diesen Tagen zwar keinen Wolf. Doch die Wildkamera, die Alessandro in der Nähe unseres Ansitzes installiert hatte, zeigte zwischen unseren beiden Besuchen mehrere vorbeiziehende Wölfe.
Sie sind da. Lautlos, geschickt, unauffällig. Und doch zum Greifen nah.

Anmerkung: Als wir die Wolfslosung entdeckten, hatte Romeo bereits "Feierabend", sprich, seine orangefarbene Weste, die er immer zum Monitoring trägt, abgelegt. Dennoch beschnüffelte er die Losung eifrig und gab nach kurzem Zögern das einstudierte Signal an Alessandro.

Gedanken zum Abschied
Die Arbeit von Menschen wie Alessandro ist unverzichtbar. Nicht nur für den Artenschutz, sondern auch für unsere Sicht auf die Natur. Sie schafft Verständnis, ordnet ein, klärt auf. Und sie zeigt, dass der Wolf nicht das Monster ist, zu dem er oft gemacht wird, sondern ein Wildtier, das seinen Platz wiedergefunden hat – in einer Landschaft, die zu lange ohne ihn war.
Ich bin dankbar, dass ich Alessandro und Romeo begleiten durfte. Und ich weiß jetzt schon: Ich werde in die Eifel zurückkehren.




















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