Frühstück mit einer Nutria
- Marc Jeworrek
- 12. Apr.
- 2 Min. Lesezeit

Was ich vergangene Woche bei Sonnenaufgang an einem Gewässer beobachten durfte und mich sehr glücklich machte, ruft bei anderen Abneigung – teilweise sogar regelrechten Hass – hervor: Eine Nutria.

Nutrias stammen ursprünglich aus Südamerika und wurden im 20. Jahrhundert wegen ihrer Felle nach Europa eingeführt und in Pelztierfarmen gezüchtet. Hier kam es, wie es immer kommen musste: Tiere entkamen aus den Anlagen oder wurden sogar freigelassen – inzwischen kommt die Nutria in weiten Teilen Deutschlands vor.
Die biberartigen, zumeist in Kolonien lebenden Tiere gelten in Europa als „invasive Art“, also als eine gebietsfremde Tier- oder Pflanzenart, die sich in einem neuen Lebensraum stark ausbreitet und dabei einheimische Arten, Ökosysteme oder menschliche Aktivitäten schädigen kann.
Im Fall der Nutria besteht – je nachdem, in welchem Gebiet sie vorkommen – eine potenzielle Gefahr für Wasserpflanzen und Röhrichtbestände. Zudem können ihre verzweigten Baue in Uferzonen zu Erosionsschäden und instabilen Deichen führen. Dies führte dazu, dass allein im Jahr 2024 über 44.000 Nutrias gejagt wurden.

Der für mich entscheidende Punkt ist allerdings: Das Nutria ist auch ein „Neozoon“ – also ein Tier, das nur durch menschliches Zutun einen neuen Lebensraum bevölkern konnte. An den oben genannten Problemen sind somit ausschließlich wir Menschen verantwortlich. Die Nutria, die – wie jedes Tier – einfach nur ihr Leben lebt, trifft keine „Schuld“ an dieser Situation.

Als Naturschützer verstehe ich, dass Nutrias erhebliche Schäden in den Ökosystemen anrichten können und dass hier leider ein Eingriff erfolgen muss. Was ich mir allerdings wünsche, ist deutlich mehr Demut und Respekt vor dem Leben. Dabei meine ich nicht nur die Jagdausübenden, sondern vor allem all jene, die sich geringschätzig über Neozoen äußern und sehr schnell mit einem Todesurteil bei der Hand sind. Grüße gehen auch raus an Waschbär, Sikahirsch, Wanderratte und Co.

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